»Leise Sehnsucht hält uns wach«

Es ist nicht nur ein Buch - es ist eine Einladung zu Mut und Zuversicht.


 Die Fotogestaltung auf dem Cover

vereint die Melodie-Linie (Buch 1) und die CD-Form (Buch 2).

Deutet an, dass sich mit diesem Buch der Kreis der LeisenTrilogie schließt.

 

Drei Geschichten - ein gemeinsamer Rahmen -

dennoch in sich abgeschlossen.

  

S chmerzhafte Familiengeheimnisse

   P  anisches Kopfkino

     O ffene Gespräche

         I  ntensive Freundschaft

           L  ebhafte Diskussionen

              E  ermunternde Ideen 

                 R  espektvoller Umgang  

 

 



|  Klappentext  |


Wem hilft es, wenn wir uns lähmen lassen?

 

Anna hat ihren Platz im Leben gefunden. Und auch ihre Freunde vom Bolte-Hof scheinen an der Nordseeküste angekommen zu sein.

 

Doch so ruhig die See in der Sonne glitzern kann, so aufgewühlt ist sie bei aufkommendem Sturm. Und wie das Watt bei Ebbe werden plötzlich alte Konflikte freigespült. Zeigen, wie sehr die Freunde und auch Anna durch die Vergangenheit fremdgesteuert sind.

 

Gemeinsam stellen sie sich diesen Herausforderungen. Erfahren, was passieren kann, wenn man sich den Erinnerungen stellt.

 

Ein Roman, der Mut macht, den eigenen Gefühlen und Zielen zu vertrauen.


Buchtrailer  |





|  Leseprobe  |


Prolog

_______

 

Können Kopf und Gefühl umlernen?

Anna lauscht dem Rascheln der Gräser und lässt ihren Blick über die glitzernden Wellen in die Ferne schweifen. Und dabei fällt ihr ein, dass sie hier schon einmal gestanden hatte. Vor einigen Jahren, mit genau dieser Frage. War geflohen vor der Information auf einer Telefonrechnung ›Sie haben null ihrer Freiminuten verbraucht‹. Der schriftlichen Bestätigung ihrer Einsamkeit. Eine frische Brise weht diese Gedanken fort und setzt ein Karussell in Bewegung. Erinnerungen und Bilder steigen ein. Eine Melodie beginnt zu klingen.

Sieben Jahre ist es her, dass sie mit diesem leisen Lied spontan in ein fernes Land aufgebrochen war. Zu einer Reise voller Begegnungen, die zu Wegbereitern wurden. Und auch die Momente, als sie anfing, weg von sich selbst zu denken, wieder auf andere zugegangen ist, reihen sich in den Erinnerungsfaden ein. Wie sich erste Ideen den Weg bahnten. Für das Musiktherapiezentrum für Kinder, das nun den Namen ›Kunterbunter Notenschlüssel‹ trägt. Und für das außergewöhnliche Wohnprojekt am Deich.

Es war schon ein besonderer Moment, als sie auf der Reise in einem Seminar fünf grundverschiedene Menschen getroffen und sofort das Gefühl hatte, diese schon ewig zu kennen. Ein winziger Augenblick, der zum Wendepunkt wurde.

Damals waren alle in ihrer Gedankenwelt festgefroren. Doch es gab weitere Gemeinsamkeiten. Die Musik. Zudem Sehnsucht, durch die eine vage Hoffnung schimmerte. Und obwohl sich alle kaum kannten, hatten sie es gewagt. Ihre Zelte abgebrochen in Frankfurt, Dresden, Bergheim. Sind einfach auf der Bolte-Hof zusammengezogen.

Anna atmet tief ein. Der würzige Duft nach Gras und Schlick flutet ihre Lungen. Das Lied in ihr verklingt. Das Erinnerungskarussell trudelt aus und kommt zum Stehen. 

Ihre Freunde fühlen sich mittlerweile wohl hier auf dem platten Land, unter dem hohen Himmel. Sind bei sich angekommen. Doch auch im Dorf? Anna schüttelt den Kopf. Fragt sich, woran es liegen und wie man es ändern könnte. Lauscht gedankenverloren dem Knistern des Watts. Diesem spannenden Meeresboden, der bei Ebbe zum Vorschein kommt.

»Was aber kommt zum Vorschein, wenn in uns Menschen tief Verborgenes freigespült wird?«, flüstert sie dem Wind zu und lässt die Frage über das Deichvorland schweben. Schaut den grasenden Schafen zu, den Wellen der Weser, die hier in die Nordsee mündet und auf die Skyline der gegenüberliegenden Großstadt. Dieser Ort mit Weitblick wäre genau der richtige Standort für die ›Flüsterbank‹, von der sie im Radio gehört hatte. Ob ihre Freunde das auch so sehen?

  

 

1

_______

 

»Wie nach einem Sommerregen der Wald – duftet dein Haar…«, singt Arno leise und als Johanne mit ihrem klaren Sopran einfällt, horcht Anna auf. Blendet den heulenden Herbstwind aus, der an den Fensterläden rüttelt. Schaut auf die Lichterketten, die an den Dachbalken glitzern und auf die flackernden Kerzen der festlich gedeckten Tafel. Alle haben sich heute am großen Tisch auf der Diele versammelt. Anna schaut in die Runde. Freut sich, dass ihre Freunde hier auf dem Bolte-Hof endlich wieder alle beisammen sind.

Arno legt den Liedtext beiseite und beginnt von der dreimonatigen Auszeit mit Johanne in seiner Stadtwohnung zu berichten: Davon, dass sie tanzen waren, und anschließend bis in den Morgen in einer kleinen Weinbar Livemusik gelauscht haben.

Johanne strahlt. »Besonders die Geige, die das Klavier und den Gesang einer jungen Frau begleitet hat. Ich hätte ewig zuhören können. Und als wir am nächsten Tag auf dem Balkon saßen…«

»Da hatte ich eine Idee«, ergänzt Arno. »Hab im kleinen Spielwarenladen unten im Haus ein Xylofon und ein Tamburin gekauft.« 

»Da hast du dich an unser Seminar erinnert? An die Gespräche ohne Worte?«, wirft Anna ein.

»Und an die Rückfahrt von dem Seminar …« Arno greift unter seinen Stuhl und stellt einen Karton auf den Tisch. »Deswegen hab ich auch noch diese Eisenbahn erstanden.«

Friedhelm lässt seinen Blick durch den Raum schweifen. »Und die willst du hier auf der Diele aufbauen?«

»Auf dem Heuboden natürlich!«

 

»Nu lass doch mal die Eisenbahn beiseite«, ruft Friedhelms Frau Maja dazwischen und setzt sich ganz vorn auf die Stuhlkante.

Anna nickt ihr bekräftigend zu. Ist beglückt über das Mitfiebern. Denn lange hatte Maja sich schwergetan aufs Land zu ziehen. Aber Anna weiß, dass sie sich mittlerweile über diese neue Freiheit freut, die ihre Zwillinge und auch die Familienhündin Bella hier genießen. »Genau, erzählt weiter. Wie ist es nun dazu gekommen, dass ihr beide endlich …«

Johanne fächelt sich mit der Hand ein wenig Luft zu. »Arno hat mir auf dem Xylofon ein paar Töne zugespielt.«

»Und du hast mit dem Tamburin geantwortet.« Arno lächelt sie an. »Der Großstadtlärm, der Geruch der Autos und das Gezeter der Elstern auf dem Dach, haben irgendwann keine Rolle mehr gespielt. Und beim anschließenden Spaziergang im Stadtwald …«

Johanne streicht sich das Haar aus dem Gesicht. »Da hat er mich einfach in den Arm genommen und mir einen Kuss auf die Wange gehaucht.«

Anna mummelt sich tiefer in ihre Wolldecke und seufzt: »Wir haben es ja alle schon geahnt.«

Die kleine Jule reißt die Augen auf. »Was denn, was denn?«

Ihre Zwillingsschwester Inge macht einen Kussmund. »Na, dass die zwei verliebt sind und dass sie…« Der Rest des Satzes geht in ein herzhaftes Gähnen über.

 

Belustigt schaut Anna die beiden an und bemerkt, wie Judith auf die große Standuhr deutet.

»Ich muss auch ins Bett. War heut ein anstrengender Tag in der Uni. Und außerdem braucht mein Pelletofen Nachschub, sonst dauert’s morgen früh zu lange, bis er warm wird.«

»Das Problem hättest du hier nicht«, grummelt Arno und Anna erinnert sich, wie Judith damals erst mit ins Fachwerkhaus einziehen wollte und es ihr dann doch zu dicht wurde.

»Ich weiß. Aber immer noch beste Entscheidung ever.«

»Jaja. Aber an dieser Extrawurst mit deinem Mini-Haus im hinteren Garten wäre unser Wohnprojekt fast gescheitert …«

»Dafür hat der Bolte-Hof jetzt ein Gäste-Appartement«, unterbricht Anna die beiden. »Aber apropos ›gescheitert‹.« Sie malt Tüttelchen in die Luft. »Ihr seid mit euren Musikworkshops und den Töpferseminaren weit über die Region hinaus bekannt. Aber zum Dorf scheint der Kontakt nicht wirklich zu funktionieren. Oder irre ich mich?« Anna schaut in die Runde. Maria zuckt mit den Achseln und die anderen schütteln den Kopf.

 

»Wie wäre es mit einem Hof-Fest? So mit Musik und Tanz für Nachbarn und Dorfbewohner?«

Für einen Moment ist es still. Im Gebälk knackt es. Und am Fenster fliegen abgebrochene Zweige vorbei, werden über den Hof geweht und knallen gegen das Scheunentor.

»Dat gifft Füerholt för’n Winter«, brummelt Bauer-Bolte.

Anna schaut ihn an: Dieser Plattschnacker, der mit dem Zuwachs auf seinem Hof mehr als einverstanden ist. Seitdem herrscht wieder Leben in der Bude, betont er immer wieder. Gerade zwinkert er seinen plietschen Deerns zu, wie er die fünfjährigen Zwillinge immer nennt. »Is nix Slimms.«

Die beiden schauen ihn mit großen Augen an. So ganz überzeugt scheinen sie nicht zu sein. Aber die Freude, dass sie heute länger aufbleiben dürfen, ist Inge und Jule anzusehen.

Und auch ihre Mutter beginnt zu strahlen. »Das mit dem Hof-Fest ist eine so prima Idee von dir, Anna. Und dazu die Dorfbewohner einladen – einfach klasse. Aber dann sollte es ein Motto haben. Lasst uns doch mal überlegen.«

Anna beobachtet, wie Maja auf ihrem Stuhl umher hibbelt. Sie ist ein wahres Organisationstalent und hat sicher schon erste Ideen.

Friedhelm schüttelt heftig mit dem Kopf. »Ein Hof-Fest in so großem Rahmen? Ich kenn nur die Nachbarn und …«

»Das wäre doch genau der Sinn und Zweck der Übung«, unterbricht ihn seine Frau.

»Na, du bist ja lustig. Und wer soll das alles bezahlen?«

 

Anna zuckt zusammen und hält den Atem an. Eigentlich wollte sie noch von der ›Flüsterbank‹ erzählen. Aber bevor das hier eskaliert. »Ich glaub, nicht nur die Lütten … Wir alle sind müde. Lasst doch meine Idee erst mal sacken. Morgen ist auch noch ein Tag. Oder?«

 

 

2

_______

 

»Anna hört die Warnblinkanlage klickern, die Emil als Abschiedsgruß kurz anmacht und das Auto um die abgebrochenen Zweige und Äste herum lenkt. Die Scheinwerfer gleiten über die Findlinge, die den Kiesweg zum Bolte-Hof säumen. Als die Landstraße erreicht ist, schaltet er das Radio ein und die Kilometer schieben sich unter die Autoreifen.

Anna lehnt sich zurück und denkt an Friedhelms heftige Reaktion auf ihre Idee für das Hof-Fest. Wir waren alle müde, versucht sie sich zu beruhigen. Massiert ihre linke Stirnseite, die zu pochen begonnen hat, sehnt sich nach ihrem Bett im kleinen blauen Holzhaus am Deich und mustert Emil von der Seite. »Was war los mit dir heute Abend? Von Maria sind wir das gewohnt. Aber auch du hast heute keinen einzigen Pieps von dir gegeben.«

»Hm. War mit den Gedanken im ›Kunterbunten Notenschlüssel‹. Wir proben doch gerade das Lied für den Erntedankgottesdienst. Aber die Kinder hatten so viele Fragen zu unserem Andachtsraum. Zu dem Kreuz aus Scherben, in dem sich die untergehende Sonne spiegelt und…«

»Du bist der beste Musiktherapeut weit und breit«, sagt Anna lächelnd und ihre Gedanken fliegen zurück.

Vor einigen Jahren hatte sie ihren ehemaligen Schulkameraden Emil zufällig im Supermarkt getroffen. War mit ihm durch ihre Heimatstadt geschlendert. Dabei hatten sie Erinnerungen ausgetauscht, sich ihre Geschichten erzählt. Und immer wieder war das Wort ›Musik‹ gefallen. Und da war sie geboren: Die Idee, so gewiss, als wäre sie schon immer da gewesen.

Mit Emil an ihrer Seite entstand das Musiktherapiezentrum für Kinder. Und einige Jahre später auch der Bolte-Hof, auf dem ebenfalls Musik eine große Rolle spielt.

Und bei dem Gedanken, dass Emil ihr hartnäckig und auf verschiedenste Weise klarzumachen versuchte, dass aus Ihrer langjährigen Freundschaft Liebe werden kann, fährt sie mit den Fingerspitzen über seine Wange. Summt den Popsong mit, der aus dem Radio ertönt. Und dabei kommt ihr wieder der Bericht in den Sinn, den sie auf diesem Sender vor einiger Zeit zufällig gehört hatte.

»Die ›Flüsterbank‹.«

Emil wirft ihr einen kurzen Blick zu. »Was hast du gesagt?«

Anna macht das Radio leiser und beginnt zu erzählen.

 

Im kleinen blauen Holzhaus angelangt, fährt Emil den Rechner hoch.

Anna knipst die kabellose Bilderleuchte an, die ein kleines Gemälde über dem Kaminofen erstrahlen lässt und zieht die Stirn kraus. »Ich denk, du bist so müde?«

»Aber nun auch neugierig geworden. Das lässt mich sonst nicht einschlafen«, sagt Emil vor sich hin und deutet auf die Einträge zum Thema ›Flüsterbank‹. Es gibt Fotos und ein Video, das er sofort anklickt.

»Die ist ja riesig«, ruft Anna aus. »Und weißt du, was mir sofort bei dem Bericht eingefallen ist?«

Und während sie noch mit halbem Ohr hört, dass die elliptische Form für die Schallübertragung entscheidend ist, hört sie Emil lachen.

Anna schmunzelt. Er kennt mich und meine Begeisterung, die einer neuen Idee vorausgeht.

»Dieses Kunstobjekt mit der besonderen Funktion könnte eine gute Ergänzung zum ›Kunterbunten Notenschlüssel‹ sein. Denk an die Kleine, die nach der Mandel-OP nicht mehr spricht.«

»Ein Routineeingriff. Aber vielleicht war die Operation nur der Anlass und nicht der Grund, dass sie nicht redet?«

»Das hab ich auch schon gedacht. Aber vielleicht mag sie flüstern. Und das mit jemandem, der ihr nicht zu nahe kommt.«

»Du meinst, weil man meterweit auseinander sitzt und trotzdem alles verstehen kann? Das findet die Kleine bestimmt lustig. Und wenn wir mit unserer Vermutung recht haben – Mensch, das wär ja … und ein besonderer Hingucker ist diese Bank obendrein. Da sollten wir dranbleiben. Wie auch unsere Freunde an ihren Plänen.«

»Was meinst du?«

»Na, du hast doch nach der Radtour im letzten Herbst erzählt, was sie so vorhaben.«

Anna schaut Emil fragend an. Doch dann fällt ihr ein, was er meint: Johanne hatte überlegt, ihren Job zu kündigen, um Kolumnen für eine Wochenzeitung zu schreiben, Maja wollte sich schlaumachen übers Seifensieden, Friedhelm eine Ausbildung zum Wattführer beginnen und Judith sich an der Uni Oldenburg mit ihren Fragen nach der Zeit näher befassen.

»Ja, die Ideen sprudelten nur so aus ihnen heraus. Johanne und Judith haben sie mittlerweile umgesetzt. Bin gespannt, ob Maja und Friedhelm es ihnen gleichtun werden.«

»Und Maria?«

»Maria? Die war an dem Abend genauso still wie heute.«

 

 

3

_______

 

Maria hatte dem Auto von Anna und Emil lange nachgeschaut, bis die Rücklichter von der Dunkelheit verschluckt worden waren.

Sie seufzt, knipst ihre Taschenlampe an, balanciert über den Grabensteg und schlendert rüber zu ihrem kleinen Nachbargehöft. Und wie jedes Mal, wenn sie das leichte Wippen der Bohlen unter den Füßen spürt, saust die Frage durch ihren Kopf, genau so schnell wie der Wind durch die Bäume, warum die beiden Höfe für die Wesermarsch so untypisch dicht beieinanderliegen.

Aber praktisch ist es schon. Vor allem seit ihre Freunde Annas Idee vom Wohnprojekt umgesetzt haben und jetzt dort auf dem Bolte-Hof wohnen. Aber Anna hat recht. Die Freunde haben keinen Kontakt zum Dorf. Beim Kindergartenfest der Zwillinge vor einem Jahr hatten Arno und Friedhelm zwar ihr selbstkomponiertes Stück vorgetragen. Waren danach, wie eine Band auf Tour-Reise, auf den Bolte-Hof zurückgekehrt.

»Bin ich ihre Verbindung zum Dorf?«, flüstert Maria und schüttelt den Kopf. Sie gehört, obschon hier aufgewachsen, auch nicht wirklich dazu. Fühlt sich erst richtig zuhause, seit die Freunde dort drüben eingezogen sind. Auch wenn sie am liebsten mit einem Buch und einer guten Tasse Tee auf ihrer Ofenbank sitzt. Auch heute Abend hatte sie dem Ganzen nur gelauscht. Maria hält inne.

 

Über ihr funkeln die Sterne und im Stall auf der anderen Straßenseite brennt noch Licht. Wahrscheinlich kalbt eine Kuh, überlegt sie und beobachtet fasziniert, wie sich Wolken vor den Mond schieben und horcht auf die Stille, die sie umgibt. Und da wird ihr plötzlich bewusst, dass es in ihr ganz anders aussieht. Dort brodelt es: Wie in einer Waschmaschine beim Schleudergang? Oder eher wie ein ratternder Motor? Nein, es ist ein leises Flattern im Bauch. Wie beim Loslaufen zu einem Sprint, zu dem sich ein dröhnendes Ohrenpochen gesellt, weil die Füße sich anfühlen, als würden sie tief im Schlick feststecken. Erschrocken starrt Maria in die Dunkelheit.

 

»Den ganzen Tag ging es mir doch gut. Was soll das denn jetzt?«, stößt sie aus. Geht in Gedanken den Abend noch einmal durch. Es war eine schöne Wiedersehensfeier. Wobei? Sie fixiert das Licht im Stall des Nachbarn, während ihr Herz zu stolpern beginnt. War es das Lied von Arno und Johanne? Oder Annas Idee mit dem Hof-Fest? Bilder tauchen auf, die sie lange in sich versteckt und sich verboten hatte, sie hervorzuholen.

Maria zieht die Schultern hoch und lässt sie abrupt wieder fallen. Der Schmerz zwischen den Schulterblättern zeugt davon, dass sie wieder einmal zu lange den Atem angehalten hat. Tief Luft holen, kurz anhalten, kräftig und lange ausatmen, fällt ihr der Entspannungstipp von Anna ein. Maria schließt die Augen und stellt sich vor, sie wäre im Wald:

Ihre Gedanken malen ein Bild mit Sonnenstrahlen, die durch das Blätterdach scheinen und am Boden ein Muster auf das Herbstlaub werfen. Sie hört Vögel zwitschern, einen Specht hämmern und lachen aus dem Waldkindergarten.

 

Das laute Brüllen einer Kuh lässt Maria zusammenzucken. Wie lange sie wohl hier so im Dunkeln gestanden haben mag? Ist erstaunt, dass ihr sogar der würzige Duft des Waldes präsent war. Ich sollte mal wieder Waldbaden gehen, überlegt Maria und sieht sich schon am Deich entlang radeln, am Vareler Hafen ein Fischbrötchen essen, über die Waldwege schlendern und kichert leise vor sich hin. Bauer-Bolte bezeichnet diesen Trend aus Japan als neumodischen Kram. Aber dass sie es hier am Meer, mit Stille, Wind und Weite und dem nahen Vareler Stadtwald schon gut haben, würde er kurz und knapp mit den Worten ›All’ns dichtebi. De Gegend is mooi to bekieken‹ zusammenfassen.

Maria strafft die Schultern, öffnet das Scheunentor und ihre Füße gehen wie von selbst in die gute Stube. Sie zieht eine Schublade auf und kramt das alte Fotoalbum hervor, das sie so lange nicht mehr in die Hand genommen hat.

 

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Was ich gerade gelesen habe ...

Das Buch von @regina.koch.autorin. Erzählt zart und einfühlsam von einem Aufbruch in neue Lebensformen. (Petra Kremer)

 

"Gemeinsam wachsen"

Zart und einfühlsam zeichnet Regina Koch die Menschen im kleinen norddeutschen Dorf, die gemeinsam einen neuen Lebensentwurf wagen und in dem Zusammenhang schrittweise Heilung erfahren. (bei Thalia)

 

"Sehr schöne und ruhige Geschichte voller Sehnsucht und Tiefgang."

Die Geschichte rund um Rentnerin Anna geht weiter. Leise, hinreißend, herzerwärmend mit viel Tiefgang und einer Protagonistin, die berührt.

(Autorin Andrea A. Walter)


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